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Bericht des Vorsitzenden der IG Kultur Wien 2003-2004

Erstellt von Thomas J. Jelinek |

Thomas J. Jelinek


Das seit der letzten Generalversammlung vergangene Jahr war, sowohl was die Kulturpolitischen Geschehnisse in der Stadt als auch die Interna der IG Kultur Wien betrifft, durch starke Turbulenzen gekennzeichnet.

Intern waren wir, durch den wiederholten Wechsel der Geschäftsführung und den damit einhergehenden Um- und Einarbeitungswirren, welches das Problem des Personenmangels im Team verstärkt hat, in unserem Handlungsspielraum schwer eingeschränkt. Nachdem Patricia Köstring nach kurzer Zeit als Geschäftsführerin aus privaten und arbeitstechnischen Gründen ausscheiden musste und Irmgard Almer, Anfang des Jahres 2004, als Nachfolgerin mitten in den Vorbereitungen zum Innovationspreis kurzerhand übernehmen musste, haben sich die Turbulenzen bis in den Anfang 2004 fortgesetzt.
Bis jetzt konnte sich aber Irmgard Almer schon recht gut einarbeiten und es ist zu erwarten, daß in die Arbeitsstrukturen der IGKW nun wieder mehr stabilisierende Routine einkehren wird.
Der Vorstand der IGKW hat mit der Klausur, ähnlich der IG Kultur Österreich, einen Prozess der inhaltlichen Neuorientierung begonnen um den gegenwärtigen gesellschaftlichen und kulturpolitischen Tendenzen besser begegnen zu können und Themen und Schwerpunkte der Mitglieder wie der Kulturszene Wiens herauszuarbeiten. Der Abschluss und die Auswertung der Mitgliederbefragung war Teil des begonnenen Prozesses.


Zu den kulturpolitischen Tendenzen ist zu bemerken, dass auch in Wien der globale Trend der sogenannten Neoliberalisierung, mit der Verkommerzialisierung der Kultur und Marginalisierung vor Allem des freien Kultursektors, gekoppelt mit dem allgemeinen sozialen Rückzug, seinen Niederschlag findet.
Das Problem der AMS-"Reform" ist prominentes, aktuelles Beispiel.
Dem sukzessiven Rückzug des Bundes aus großen Bereichen des kulturellen Feldes hält die Stadt immer weniger entgegen.
Die lange behauptete "Kulturenklave" Wien scheint ins Wanken geraten zu sein.
Trotz vieler Gegenstimmen und Aktivitäten haben sich die allgemeinen sozialen und strukturellen Rahmenbedingungen für Kulturschaffende weiter eingeschränkt so dass kontinuierliche freie Kulturarbeit in vielen Fällen verunmöglicht wird.
Wir sehen also schweren Zeiten entgegen.
Unangefochtenes Hauptthema war und ist die lange diskutierte und erwartete Theaterreform, die nun schlussendlich seitens des Kulturstadtrates Mailath-Pokorny durchgeführt wird und die, wie alle wissen in vollem Gang ist. Allerdings wird diese Reform in einer Weise durchgeführt, die für die Mehrzahl der Theaterschaffenden in Wien fatale Auswirkungen hat. Obwohl ich eine mehr oder weniger genaue Kenntnis der Vorgänge voraussetzen kann, viele unserer Mitglieder sind ja direkt betroffen, will ich die Eckdaten kurz zusammenfassen. Mit der de facto zweijährigen Übergangszeit, die sich durch Orientierungslosigkeit und daraus resultierender Planungsunsicherheit und groben Verzögerungen in der Entscheidungsfindung auszeichnet, haben vor allem Organisationen mit kleineren und mittleren Strukturen mit existentiellen Problemen zu kämpfen. Die Reduktion
der beiden unabhängigen Beiräte von je 7 bzw. 8 Personen für Theater und Tanz
auf das dreiköpfige Kuratorium, sowie der drei Einreichtermine auf nunmehr zwei hat bestehende Probleme mittelfristig verschärft.
Daß nebenbei der Einfluß der IG-freie Theater, die ja einen Teil der Beiräte wählen und stellen konnte damit ersatzlos zurückgedrängt wurde ist ein bedenkliches Signal.
Das Abladen aller Entscheidungskompetenz auf Kuratoren und Juroren hat einen Zustand siechen Zuwartens erzeugt. Interessanterweise ist eine enorme Produktivität und Kreativität, mit einer relativ grossen Zahl vorwiegend selbstausbeuterischer Projekte zu verzeichnen. Ob dies ein Zeichen der Verzweiflung oder des Aufbruchs ist, wird sich zeigen.
Fakt ist dass viele Ressourcen der Stadt aus dem freien Sektor weiterhin vergeben werden und ungenützt bleiben.

Auch in anderen Bereichen hat es viele Aktivitäten gegeben. Eine Reihe von Aktionen wurden von der IGKW unterstützt. So hat sich die IGKW auch am "Mediencamp" beteiligt um die demokratiepolitische Bedeutung freier Medien zu unterstreichen. Oft konnten Projektunterstützungen aufgrund der genannten Schwierigkeiten aber nur Symbolischen Charakter haben.
Grundsätzlich positiv zu vermerken ist, daß auch in Punkto >Öffentlicher Raum<, auch letztjähriges Thema der IGKW, politisch ein Schritt gewagt wurde. Es wurde eine dementsprechende Kategorie eingeführt und eine Jury von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny bestellt. Sie besteht aus: Ute Meta Bauer (Akademie der bildenden Künste), Sylvia Eiblmayr (Galerie im Taxispalais), Brigitte Huck (Kuratorin), Edelbert Köb (Mumok), Wolfgang Kos (Wien Museum).
Die Jury wurde auf drei Jahre bestellt und bestimmen über die jährliche Vergabe von ca. 800.000 Euro. Die Frage der Personalzusammensetzung der Jury und warum Jurys immer "von oben herab" aus rein politischer Entscheidung bestellt werden, bleibt allerdings offen.
Der viel zitierte "offene diskursive Raum" in der Kultur soll also offenbar ein Reservat der politischen Gnade bleiben.

Unser Angebot an die Kulturadministration der Stadt zu verstärktem Austausch und Konsultation wurde auch dieses Jahr seitens der Stadt nicht aufgenommen.

Auf Bezirksebene haben sich einige Aktivitäten anzukündigen begonnen – Beispiel 6. Bezirk wo wir, zur Zeit, mit dem Bezirk über koordinierte, gemeinsame Kulturaktivitäten mit den ansässigen KünstlerInnen, Kunst- und Kulturorganisationen in Verhandlungen sind. Näheres lässt sich vielleicht schon bei der GV sagen. Wir werden vom Fortgang des Projekts jedenfalls berichten.

Hauptaktivität der IGKW im ersten Jahresviertel 2004 war der INNOVATIONSPREIS der freien Kulturszene Wiens.
Da uns die endgültige Finanzierungszusage durch die MA7 erst Mitte September gegeben wurde, ist eine Verzögerung von etwa 9 Monaten entstanden. Die Bestellung der unabhängigen Jury wurde durch den Vorstand vorgenommen, wobei jedes Vorstandsmitglied einen/e JurorIn vorgeschlagen hat.
Insgesamt langten bei der IG Kultur Wien 75 Einreichungen ein, 13 in der Kategorie "Internationaler Austausch" und 62 in der Kategorie "Projekte in der Stadt Wien".
Am 15. April wurden die Preise in einer Präsentationsveranstaltung im Wiener TOP-Kino vergeben. Vorgestellt wurden die 6 nominierten Projekte (je 3 pro Kategorie), wobei die Jury die Gelegenheit hatte ihren Entscheidungsprozess darzulegen. Alle 6 Projekte wurden sowohl besprochen als auch in Form kurzer Videopräsentationen gezeigt. Im Anschluss wurden die Preise übergeben.


Der enge finanzielle Rahmen der IGKW ist, im Vergleich zum Vorjahr, gleich geblieben, womit der Spielraum für Aktivitäten und Projekte leider sehr klein ist. Grösser angelegte Aktionen können daher oft nur punktuell geplant werden. Die gewünschte und eigentlich notwendig gewordene Personalaufstockung um eine weitere Person im Büro musste daher ebenfalls ausbleiben. Daraus hat sich ergeben dass einige Themen und Probleme nur durch persönliche Verhandlungen und Gespräche meinerseits mit politischen RepräsentantInnen und Beamten behandelt werden konnten. Begleitende PR-Massnahmen waren allerdings nur beschränkt möglich. Einiges konnte aber auch mit Hilfe von Kooperationen innerhalb der Bürogemeinschaft, die sich mittlerweile gut einspielen konnte, bewerkstelligt werden.
Die Verbesserung der finanziellen Situation wird aber weiter Thema bleiben müssen.

Nachdem die Änderungen des Vereinsgesetzes nun in Kraft getreten ist möchte ich hier noch einmal die Empfehlung des letzten Jahres, die Statuten und Organisationsstrukturen der Vereine in Bezug darauf zu überprüfen, wiederholen.

Zuletzt möchte ich noch meinem Wunsch einer verstärkten internen Kommunikation der IGKW zwischen den Mitgliederorganisationen und der Organisation Ausdruck verleihen.


 

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