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Der oeffentliche Raum gehoert allen

Ein Interview zur Plakatierfreiheit mit Peter Fuchs (PF)- Sprecher des Vereins Freies Plakat und Thomas J. Jelinek (TJ) - Obmann der IG Kultur Wien:


Ende Dezember sah man im Wiener Stadtbild zahlreiche weisze Plakate auf denen vier Forderungen des Vereins Freies Plakat zu lesen waren. Herr Buergermeister! Geben Sie Plakatfreiheit!, lautete eine davon. Was waren die Motive fuer diese Plakataktion?

PF: Im Prinzip war das der Start einer Informationskampagne zur Rueckgewinnung des oeffentlichen
Raums. Wir wollten die Wienerinnen und Wiener moeglichst flaechendeckend darauf aufmerksam machen, dass mit 1.1.2008 eine neue Regelung in Kraft tritt, bei der es um noch viel mehr geht als um die Gruendung einer neuen Werbefirma am Markt und die AEnderung einer ganzen Branche; dass es um strukturelle Probleme geht, und dass wir freien Plakatierer das letzte Feigenblatt im Sinne des § 48 Mediengesetz waren, und wenn diese Art der freien Ankuendigung wegfaellt, der oeffentliche Raum quasi monopolistisch von einer Firma, naemlich der Gewista kommerzialisiert und privatisiert wird.

Mit der Forderung nach Plakatfreiheit verweist ihr auf das nach § 48 Mediengesetz garantierte Recht zur Meinungsaeuszerung. § 48 zufolge braucht es fuer das Plakatieren keine behoerdliche Genehmigung aber es kann eingeschraenkt werden. Stichwort: Polizeiverordnung. Beginnt da das strukturelle Problem?

PF: Die Bundespolizeidirektion ist diejenige Behoerde, die Verordnung im Raum Wien zu erlassen hat. Und es ist klar, dass du nicht jeden Inhalt ueberall hinkleben kannst, z. B. rassistische Inhalte oder Inhalte zur Aufhetzung gegen irgendwelche Volksgruppen. Der § 48 Mediengesetz basiert auf dem Grundrecht der freien Meinungsaeuszerung. Und die darin geregelte Plakatierfreiheit, kann eingeschraenkt werden zur Aufrechterhaltung der oeffentlichen Sicherheit und Ordnung und aufgrund der Stadtbildpflege. Das ist halt teilweise ein geschmacklicher, aesthetischer Ansatz. Andererseits soll nicht jeder Inhalt eine OEffentlichkeit finden, wenn die Inhalte nicht der oeffentlichen Sicherheit entsprechen.
Aber es ist ein wesentlicher Punkt, dass diese Polizeiverordnung, die das Plakatierwesen in Wien seit 1983 regelt, alles einschraenkt, was im § 48 gesetzlich erlaubt ist. Das ist verfassungsrechtlich gesehen ein Widerspruch, weil eine Norm niedrigeren Ranges eine Norm hoeheren Ranges aushebelt. Und das, sage ich mal vorsichtig formuliert, ist verfassungswidrig.

Warum haben die Interessengemeinschaften Anfang Dezember eine Veranstaltung zum Thema Ende der Plakatierfreiheit in Wien mitgetragen?

TJ: Ein Aspekt ist natuerlich die schleichende Monopolisierung. Nach einem Schritt kann dann der naechste folgen. Und es ist Aufgabe der Politik dem entgegenzuwirken. Deshalb gibt es ja Antimonopolgesetze.
Ein anderer Aspekt ist das demokratiepolitische Grundrecht und die demokratiepolitische Arbeitsweise, die freie Meinungsaeuszerung zu gewaehrleisten hat, weil Demokratie ohne freie Meinungsaeuszerung nicht funktionieren kann.
Die IG Kultur Wien und die IG freie Theaterarbeit hatten aber noch einen praktischen Aspekt anzubringen, der zu dieser Allianz gefuehrt hat. Nachdem die freien Plakatierer v. a. Kulturveranstalter kommunizieren ist es natuerlich ein vitales Interesse der IGs, die diese Kulturveranstalter vertritt, diese wichtige Ankuendigungsflaeche nicht zu verlieren. Die Halbschalen der Kultur Plakat GmbH sind dafuer kein adaequater Ersatz.
Die Moeglichkeit Veranstaltungsinhalte in einem noch zu definierenden Rahmen frei zu plakatieren, appelliert an ein demokratisches Grundverstaendnis. Dass das nur in Grauzonen d. h. auch nur halblegal moeglich war und ist, liegt ja vor allem an der oekonomischen Situation der kleineren und kleinen kulturveranstaltenden Kulturorganisationen, die hier angesprochen sind. In vielen Faellen haengt das auch mit Subventionshoehen zusammen. Mit der Subventionsvergabe wird auch eingefordert, dass die Veranstaltungen adaequat beworben werden und es kann ja jeder in seine Antraege die Gewistapreise hineinschreiben. In den seltensten Faellen werden in diesem Bereich Subventionen vergeben, die ein Plakatierungsbudget in der Preisklasse der Gewista zulieszen.

Warum stellen die Masznahmen der Kultur Plakat GmbH aus eurer Sicht keine Loesung dar?

TJ: Weil die Kultur Plakat GmbH genauso funktioniert wie die Gewista. Erstens kann ich dort ueberhaupt erst ab einer Stueckzahl von 200 Plakaten antreten. Zweitens, und das ist das Hauptproblem, kann ich mir nicht aussuchen, wo was klebt, sondern das wird flaechendeckend ueber Wien verteilt. Das kann vielleicht fuer grosze Kulturveranstalter interessant sein. Wir vertreten aber die kleinen Kulturveranstalter, die teilweise in regionalen Radien agieren. Bei den freien Plakatierern konnte man sich aussuchen, wo das Plakat hinkommt. Dieses individuelle und persoenliche Service ist wesentlich adaequater fuer unsere Veranstalter. Da hat es zuerst Bedarf gegeben und dann haben sich Firmen gegruendet, die diesen Bedarf abgedeckt haben. Das wird jetzt durch ein wesentlich unadaequateres Instrument zugedeckt, womit ein ganz bestimmter Kultursektor von der Plakatoberflaeche zu verschwinden droht.

PF: Und mit der Kultur Plakat GmbH-Gruendung geht ja auch eine Art Gleichschaltung einher. Denn du kannst auf diesen Flaechen nur bestimmte Formate plakatieren. Natuerlich kann man alles umaendern. Aber die Frage ist, ob man soll oder wollen soll? Ich will naemlich mit dem pink zebra theatre z. B. nicht. Da gehtâęs auch um andere Formate, fuer die es keine Loesung gibt.

TJ: Ein weiterer Aspekt ist auch, dass die IGs fuer ein vielfaeltiges, kreatives Spektrum eintreten und grundsaetzlich eine Normierung der Kunst und Kultur ablehnen. Kultur habe so auszusehen, habe so zu werben, habe diese Inhalte zu vermitteln, das ist ja eine Tendenz, die sich ueber das Plakat hinauszieht. Da ist so eine Art Wunsch einer Nivellierung da, der vielleicht im Sinne von Recht und Ordnung verstaendlich ist. Wo man sagt, das muss alles gleich aussehen und das ist dann schoen. Man moechte eine saubere Stadt. Das wuerde in der Konsequenz heiszen, dass man mit der Politik einen aesthetischen Diskurs fuehren muesste, der eigentlich nicht in die Politik gehoert. Denn wenn die Politik AEsthetiken vorgibt, dann beginnt es bedenklich zu werden, wuerde ich sagen.

Die IGs haben ja die Forderungen nach einer akzeptablen Wiener Loesung bereits mehrmals an die Politik gestellt. Stichwort: Runder Tisch

TJ: Der Punkt ist, dass die Kulturinitiativen, welche die IGs vertreten, schon ziemlich lange nicht mit der Situation zufrieden sind. Es ist ein Wunsch und eine Forderung fuer diese Form der Kommunikation und Werbung eine wirkliche Loesung zu finden. Anscheinend werden jetzt auch Signale gesetzt, dass ein Gespraech begonnen werden koennte. Das waere ein Schritt, denn bislang hat es immer nur Halbloesungen in Form von stillem Einverstaendnis gegeben. Das war eine Wiener Loesung. Eigentlich sollte ein klarer Rechtsbereich geschaffen werden, um diese Formen der Kommunikation zu ermoeglichen. Die Stadt Wien sollte etwas ermoeglichen und nicht etwas verbieten.

PF: Und es ist so, wenn meine und andere Initiativen jetzt nur mehr diese eine Werbemoeglichkeit haben und nicht mehr die auch fuer uns nicht zufriedenstellende halblegale, dann heiszt das, dass wir ausgeschaltet sind. Wir koennen zwar unsere Sachen machen, koennen sie aber nur mehr ueber die elektronischen Medien kommunizieren, weil die greifbar sind und auch relativ guenstig.

Apropos Einengung von Moeglichkeiten zur Meinungsaeuszerung und zunehmende Regulierung. Die Anfrage der Wiener Gruenen bezueglich Bereitstellung von freien Flaechen in Wien konterte Michael Haeupl damit, dass âÄ" salopp formuliert âÄ" Plakatieren out sei. Was sagt ihr denn dazu?

PF: Das stimmt natuerlich nicht. Das ist ein boomenden Markt! Die Gewista schafft mit der Kultur Plakat GmbH noch eine zusaetzliche Firma, die diesen Markt bedient. Ganz im Gegenteil, das Plakat ist ein extrem nachgefragtes Medium.

TJ: Und Plakate sind graphisch gestaltet im besten Fall Kunstwerke. Die Plakate groszer Rockveranstalter sind ja meist nicht kuenstlerisch ausgefeilt. Ich weisz, dass aber viele Kulturinitiativen mit sehr viel Anstrengung und Liebe und wirklich guten Leuten Plakate gestalten. Hier kaeme es zu einem kulturellen Verlust, wenn diese Formen der AEuszerung nicht mehr gemacht werden kann, weil sich die Veranstalter das nicht leisten werden.

PF: Es ist insgesamt eine Verarmung einer Szene und einer kulturellen Vielfalt, die einer Stadt wie Wien mehr als angemessen waere. Es gibt so viele unterschiedliche Gruppierungen. Sie tragen bei zu einer lebenswerten Stadt. Und da muss man sich fragen, was ist das hoeherwertige Gut, die Sauberkeit? Das ist ein Begriff, den ich nicht so gern hoere in Zusammenhang mit der Sicherheit, weil das ist fuer mich eine Naziterminologie.

Die Sicherheit und die Sauberkeit zu erhalten ist ein Basic Asset der Stadt Wien. In diesem Zusammenhang geht Michael Haeupl in seiner Antwort auf eine Anfrage der Wiener FPOE noch mal auf das Mediengesetz, speziell auf das sogenannte Verursacherprinzip ein. Dabei bedauert er, dass der Verursacher nach aktueller Rechtslage leider noch nicht zu ahnden sei.

PF: Wir koennen durchaus noch erleben, dass das Mediengesetz in diese Richtung, d. h. in Richtung Verursacherprinzip geaendert wird. Zur Zeit ist aber noch geltendes Recht, dass nur wer den Tatbestand des verbotenen Plakatierens setzt, bestraft werden kann.

Die sogenannte Kunstpassage Karlsplatz wird ja auch unter dem Etikett sicherer und sauberer verkauft. Nach Renate Brauner koennen damit Wiener Kultureinrichtungen ein ganz wichtiges Signal fuer die Kulturstadt Wien setzen. Und, die Einnahmen aus diesem Plakatgeschaeft sind der Reinigung der Passage gewidmet.

TJ: Das ist so aehnlich wie Waende Aufstellen fuer Sprayer. Das heiszt zu versuchen etwas zu regulieren, das grundsaetzlich einen anderen Lebensentwurf propagiert. Unter einer politischen Loesung stelle ich mir vor, dass man versucht mit den Tendenzen, die aus einem vitalen Lebensraum, welcher der urbane ist umzugehen und darauf zu reagieren, anstatt eine Norm einzufuehren, die grundsaetzlich alles, was auszerhalb dieser Norm liegt auszuschlieszen und dann im naechsten Schritt vielleicht noch zu kriminalisieren. Die Politik greift mit dem Saeubern der Gehsteige einfach zu kurz. Sie sieht das Problem und versucht das Symptom zu bekaempfen, anstatt zu verstehen, wo das herkommt, um dort politische Masznahmen zu setzen und anstatt an der Oberflaeche.

Peter, in diesem Zusammen moechte ich erwaehnen, dass du Anfang Maerz von der Kultur Plakat GmbH geklagt wurdest. Koennte man hier âÄ" um die Analyse von Thomas aufzugreifen âÄ" von einer Reaktion auf eine politische Symptombehandlung sprechen?

PF: Letztlich ist es so, wie es die Gruenen in unserer Presseaussendung dargestellt haben: Es ist sehr schade, dass man vor Gericht klaeren muss, was politisch nicht moeglich ist zu klaeren. Ich moechte gerichtlichen Entscheidungen nicht vorgreifen, aber mein Anwalt interpretiert, die Zeitdauer, die inzwischen seit der Abgabe unserer Gegenaeuszerung verstrichen, ist positiv. Es muss unserer Ansicht nach zu einer strukturellen Loesung kommen. Ich will da natuerlich nicht dem runden Tisch vorgreifen und ich habe hier auch nicht das Allheilkonzept. Aber ich bin schlicht und einfach ein muendiger Buerger, der gesagt hat, jetzt reichtâęs.
Wenn duâęs polemisch formulierst: Wem nuetzt die neue Regelung? Wem nuetzt das Branding? Wem nuetzt die Kunstpassage Karlsplatz? Und alles, was danach folgt bis hin zu den U-Bahnen, wo die Waggons selbst als Werbeflaechen voll genuetzt werden? Es nuetzt nur den Kommerziellen und den Groszen. Wien ist sowieso so ein totes Museum. Es sind grosze Kulturcluster, die ein Bild einer Stadt vermitteln, das nicht den Menschen entspricht, die hier leben. Wien wird Tourismuszone.

TJ: Ich weisz, dass der Tourismusverband durchaus auch zeitgenoessischere Konzepte begrueszt. Und dazu gehoeren durchaus andere Werbeformen als saubere, lackierte U-Bahnen. Der Repraesentationscharakter einer Stadt laeuft, meiner Meinung nach, ja ueber die Vielfalt der AEsthetiken, die ich wahrnehmen kann. Eigentlich ist die Form einer sauberen Repraesentation ein ueberholtes. Und da ist die Frage, inwieweit die Politik gut beraten ist, ein historisches Konzept durchzuziehen und weiterhin den Ruf der Stadt Wien als Riesenmuseum weiterzufuehren?
Noch etwas: Restriktionen kosten immer Geld. Es stellt sich die Frage, ob man sich nicht das Geld sparen und einen offenen Zugang an die Gaeste der Stadt vermitteln sollte?

Freigabe von Flaechen ist eine eurer zentralen Forderungen, wie koennten Loesungsansaetze fuer Wien aussehen?

TJ: Auf jeden Fall hat es eine positive Runde in Salzburg gegeben und es wurde eine Loesung gefunden Vielleicht kann die Salzburger Loesung fuer Wien so nicht funktionieren. Aber allein, dass man sich dort mit den Beteiligten zusammengesetzt hat, ist positiv und muss in Wien doch auch moeglich sein. Vorneweg wage ich zu sagen, dass, wie auch immer eine Alternative aussehen wird, sie wird der Kultur Plakat GmbH sicher nichts wegnehmen. Denn was sie anbietet, ist fuer eine ganz bestimmte Klientel. Sollte ein runder Tisch wie jetzt offenbar angedeutet wurde nicht zustande kommen, waere das ein sehr schlechtes Zeichen.
Da stellt sich dann automatisch die Frage: Will man das, was ueber dieses Klientel hinausgeht, grundsaetzlich nicht haben? Will man diese Szene nicht haben? Das sind ja nicht Feinde der Stadt, sondern Leute, die ihre positiven Vorstellungen einer Stadt umzusetzen versuchen.

PF: Es schwappt eine Riesenwelle Neoliberalismus und Radikalkapitalismus ueber uns drueber. Dann soll man den Initiativen sagen: wir wollen euch nicht mehr hier. In der Folge werden diese Menschen dableiben oder sie werden gehen.

Aktuell gibt es in Wien ja gerade mal 26 Standorte, wo frei Plakatiert werden darf. Ihr habt immer gesagt, das Problem sind nicht die Wildplakate, sondern dass es zu wenig freie Flaechen gibt.

PF: Es sind 150 A1-Plaetze, die von der Gewista gratis zur Verfuegung gestellt werden. Das ist nicht ausreichend. Wir wissen z. B. aus Bescheiden, dass die Gewista bereits 2004 die Elektroboecke als Werbeflaechen genehmigt bekommen hat. Was fuer die einen gut ist, muss auch fuer die anderen recht sein. Nach meinem Empfinden handelt es sich um ca. 60.000 Flaechen in den Bezirken 1. âÄ" 9. Das ist eine dem Bedarf entsprechende und adaequate Zahl. Da koennte man dann ein Modell entwickeln, welche Flaechen frei fuer jeden zur Manifestation seines Willens sind und welche gewerblich genutzt werden.

TJ: Wie offen ein urbanes Geflecht ist, ist eine grundsaetzlich politische Entscheidung. Solange die Stadtpolitik Freiraeume offen laesst, regulieren sich Strukturen bis zu einem gewissen Masz selbst. Die Frage ist ja nicht Totalregulierung oder alles sich selbst zu ueberlassen sondern wie reguliere ich in einem ertraeglichen Ausmasz. Denn wenn ich bestimmte Sektoren des Lebens illegalisiere, entsteht dort, genauso wie wenn ich ueberhaupt nicht reguliere, automatisch Faustrecht. Das will, so glaube ich, niemand.

Michael Haeupl antwortete auf die Anfrage der Wiener Gruenen, dass er selbstverstaendlich nicht der Meinung sei, dass politische Manifestationen in der OEffentlichkeit per se illegal seien. Das Affichieren von Plakaten unterliege allerdings rechtlichen Regelungen und in diesem Zusammenhang sei es voellig egal, was drauf stehe. Entweder es wird illegal aufgehaengt oder nicht.

PF: Die Aussage von Michael Haeupl Es kann net sein, dass in dieser Stadt jeder hinpickt, was er wuell und wo erâęs wuell zeigt natuerlich schon eine gewisse Grundproblematik. Weil wir reden ja gar nicht davon. Wir reden davon, dass es jetzt hoch an der Zeit ist, strukturelle Loesungen zu finden. Es wird ja nicht auf die Haeuser plakatiert, sondern auf Flaechen, die allgemeines Gut sind, oeffentliches Eigentum. Und ich finde, man sollte sich auf jene Tradition beziehen, in der das freie Plakat hier eine lange Geschichte und breite Akzeptanz hat. Wien praesentiert sich eben anders. Wien ist eine Stadt, die diesen Ausdruck an Vielfalt offensichtlich will! Bevor das ganz kaputt gemacht wird und nur mehr den kommerziellen Playern ueberlassen wird.
Wobei in den Geschaeftsbedingungen der Kultur Plakat GmbH steht, dass in Zeiten politischer Wahlwerbung Auftraege abgelehnt werden koennen. Fuer mich ist das ein weiteres Instrument der Regulierung, um den Finger drauf zu halten auf Leute, die eine andere Meinung haben. Irgendwann fuehrt das âÄ" polemisch gesprochen âÄ" soweit, dass du nicht mehr auf die Strasze gehen kannst, weil im oeffentlichen Raum eine bestimmte Kleiderverordnung herrscht. Der oeffentliche Raum gehoert uns allen.

TJ: Armin Thurnher schrieb 1983, dass die Stadt Wien nicht angeben sollte, welche Flaechen benutzt werden duerfen, sondern welche z. B. aus Sicherheitsgruenden nicht benutzt werden duerfen. Diese sind auszuweisen, und nicht umgekehrt, weil der oeffentliche Raum grundsaetzlich offen ist. Es kann nicht sein, dass die Stadt bestimmten Politikern oder Firmen gehoert.

PF: Das politische Plakat einer kurzfristig angesetzten Demonstration sollte man nicht vergessen. Es muss Moeglichkeiten geben solche Manifestation weiterhin zu machen.

TJ: Wenn ich grundsaetzlich dafuer bin, dass es Meinungsfreiheit geben soll, wie das vom Buergermeister ja unterstrichen wird, dann muss ich natuerlich auch gleichzeitig die Moeglichkeit geben diese auszuueben. Ich kann nicht sagen, dass jeder sprechen darf, aber bitte nicht im oeffentlichen Raum. Die Erfahrung hat ja leider oft genug gezeigt, dass sich durchaus richtige politische Statements dann in der Umsetzung aufweichen und letztlich keinerlei Manifestationsboden haben.

www.igkulturwien.net
www.verein-freiesplakat.at

Fragen: Irmgard Almer


Hinweis:
Am 29. Februar stellten die Gruenen Wien einen Resolutionsantrag im Wiener Gemeinderat, in dem die Stadtraete Andreas Mailath-Pokorny und Rudolf Schicker aufgefordert wurden geeignete MaÃünahmen zur Schaffung ausreichender kostenloser und freier Flaechen fuer mittlere und kleine Kulturinitiativen zu schaffen. Weiter wurde eine transparente Vergabe von Flaechen fuer Werbeplakate, die Einberufung eines Runden Tisches zur Findung einer legalen Loesung fuer die Ankuendigung im oeffentlichen Raum sowie die Demontage bereits montierter Halbschalen bis auf weiteres gefordert. Dieser Resolutionsantrag wurde in einer sofortigen Abstimmung gegen die Stimmen der Gruenen Wien und der OEVP Wien abgelehnt.
Aktuell gibt es fuer ganz Wien nur 26 Plaetze, das sind 150 A1 Plakatflaechen, die von der Gewista gratis zur Verfuegung gestellt werden.

Das Interview erschien zuerst in: gift âÄ" zeitschrift fuer freies theater april/mai08.
 

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