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Wir sagen: Amerlinghaus bleibt!

Der Fortbestand des Kulturzentrum Spittelberg ist bedroht?

 

Die offizielle Stellungnahem des Kulturzentrums Spittelberg.

Das Kulturzentrum Spittelberg | Amerlinghaus


Seit 32 Jahren ist das Kulturzentrum Spittelberg im Amerlinghaus eine offene, niederschwellige Einrichtung, in der mit möglichst wenigen Vorschriften und Einengungen kritische, nicht kommerzielle Kulturarbeit stattfindet, in der soziale und politische Initiativen, oft auch gemeinsam, arbeiten. An die fünfzig parteiunabhängige Gruppen benutzen, gegen ganz geringe Beiträge oft auch unentgeltlich, die Räume des Amerlinghauses. Dazu kommen noch die fixen Bestandteile des Hauses - verein exil, Vereinigung für Frauenintegration, Kindergruppe Amerlinghaus sowie eine Reihe von Initiativen, die das Kulturzentrum für Einzelveranstaltungen nutzen.
Für viele dieser Initiativen wäre der Wegfall des Kulturzentrums im Amerlinghaus als nicht-kommerzieller Raum für zahlreiche emanzipatorische, selbstorganisierte Projekte, kritische Basiskulturarbeit, antirassistische und kulturpolitische Arbeit, existenz­gefährdend.

Das Amerlinghaus selbst gehört der Gemeinde Wien und wird durch die GESIBA verwaltet. Das Kulturzentrum Spittelberg wird vollständig durch die MA 13 subventioniert, wobei ein Teil der Subvention (mittlerweile ca. 1/5) als Miete an die Gesiba geht.
Bis 2004 wurden die Subventionen in unregelmäßigen Abständen wertangepasst. Seitdem nicht mehr. Bereits 2004 waren wir außerdem genötigt, Personalkürzungen und Einsparungen vorzunehmen.

Krise

Im September 2009 wurden sich bereits seit geraumer Zeit ankündigende finanzielle Probleme virulent. Trotz des rigiden Sparkurses der vergangenen Jahre waren wir an einem Punkt angelangt, wo die Situation des Kulturzentrums prekär wurde.
Der Subventionswert wird immer weniger, Fixkosten werden immer höher. Diese allein - Miete, Gehälter für 3 Teilzeit-Arbeitnehmerinnen und eine Vollzeit-Putzarbeiterin, Betriebskosten (Strom, Wasser, Heizung) sowie der Beitrag zur ständigen Zusammenarbeit mit dem verein exil im Amerlinghaus - verbrauchen die gesamte Subvention. Kostensteigerungen werden aber nicht mehr ausgeglichen, zusätzliche Projektfinanzierungen sind schwierig bis unmöglich zu lukrieren; Banken und Krankenkassen sind immer weniger kulant, Reparaturen und Materialien werden immer teurer, was alles zusammen unseren Weiterbestand in der jetzigen Form massiv gefährdet.
Gleichzeitig wird im Hinblick auf unsere Arbeit an Anzahl und Zusammensetzung der Personengruppen, die das Amerlinghaus nutzen, deutlich, wie wichtig und unverzichtbar Häuser wie unseres gesamtgesellschaftlich sind.
Daher beschlossen wir Ende letzten Jahres, diesbezüglich mit der Gemeinde in Verhandlung zu treten.

Gescheiterte Verhandlungen
Ende Juni sind nun unsere Verhandlungen mit der MA13 gescheitert.
Nachdem wir bis dahin immer noch Erwartungen in Richtung eines Entgegenkommens von Seiten der Gemeinde in Bezug auf unsere Forderung nach Wertanpassung der Subvention und Mietreduzierung, Entschuldung und Sanierungszuschuss hatten, steht jetzt fest, dass von Seiten der politisch Verantwortlichen taktiert, abgeschasselt und gemauert wird. Von den zur Weiterführung des gleichen Betriebs nötigen zur seit 2004 gleichgebliebenen Subvention von € 250.000,- geforderten zusätzlichen € 40.000,- wurden uns nur für nächstes Jahr € 6.000,- an Mietkosten "erlassen", die für eine minimale erstmalige Renovierung seit 30 Jahren geforderten € 20.000,- gibt es nicht.
Darüber hinaus bekommen wir im Gegensatz zu den vergangenen Jahren auch keinen Vorschuss auf die Subvention, der wegen der angehäuften Schulden nötig ist, UND die Banken geben nicht nur uns, sondern allen subventionierten Vereinen keinen Überziehungsrahmen mehr. Das bedeutet, dass mit Ende September kein Geld mehr da ist, Miete, Gehälter und sonstiges zu zahlen. Eine politische Diskussion fand nicht statt.

Die Botschaft, die wir von Seiten der offiziellen Politik erhalten haben, ist: helft euch selbst, die Gemeinde hat nicht mehr Geld.

Und nun?

Es ist kein Geld da, wird uns gesagt.
Geht es nicht vielmehr darum, dass Geld nur mehr für "wachstumsrelevante" Projekte da ist, während an anderer Stelle durch "Einsparungen" an den Lohnabhängigen gespart wird und an nach neoliberaler Logik nicht wachstumsrelevanten Sektoren wie Sozialversorgung, Basiskultur, politischer Bildung, Trans- und Interkulturellem?
Ist es das, was die politisch Verantwortlichen wollen?

Soll uns etwa das AMS (Ja, ja, das Arbeitsmarktservice) über die Krise "helfen"? Wie ist das vorzustellen? Einzelne Mitarbeiter_innen gehen ein paar Monate in die Arbeitslose, kassieren Arbeitslosengeld (auch Steuergelder, diesmal halt auch vom Bund) und sollen weiter arbeiten wie gehabt? Wir hören, das ist nicht unüblich und hätte schon einige Einrichtungen vor dem Aus gerettet - das soll ein Lösungsansatz sein?

Führende sozialdemokratische Politiker_innen Wiens der Siebzigerjahre (Fröhlich-Sandner, Gratz, Zilk) verstanden und schätzten den Wert des Amerlinghaus für das politische Klima in der Stadt. Sie erkannten auch die Umwegrentabilität solcher Einrichtungen. Die damalige Vizebürgermeisterin sagte noch wenige Monate vor ihrem Tod 2008, bei einer Podiumsdiskussion im WUK, dass Arena, Amerlinghaus, WUK und ähnliche alternative Einrichtungen der öffentlichen Hand viele Kosten im Gesundheits-, Polizei- und Justizwesen ersparen. Auch dieser Gedanke ist den heutigen Politikern nicht mehr so einsichtig.

Aha, also ist das Amerlinghaus kein Tourismusträger, nicht Mainstream genug, nicht gut für das Image der Stadt Wien? Bringt auch keine Wähler_innenstimmen? Ob die derzeitige Stadtpolitik, Bierzelte und Jahrmarkt genug Motivation sind, die Stimme NICHT dem Rechtspopulismus und Rechtsextremismus zu geben, ist fraglich.

Bedeutet die Absage der Stadt Wien, dass zukünftig keine kritischen Ränder und Räume mehr gefördert werden sollen? Dass es den Entscheidungsträger_innen vollkommen egal ist? Oder sogar noch schlimmer, dass beabsichtigt ist, Kriminalisierung und Repression als hegemoniale Strategien noch weiter voranzutreiben?

Die Frage ist nicht, ob uns die Gemeinde Wien finanzieren kann, sondern ob sie es will. Will die Stadtregierung neben Weihnachtsbeleuchtung, Hoch(glanz)kultur, Events und Inseratenkampagnen auch die Demokratie und die Aktivitäten der Zivilgesellschaft fördern?

Was tun?

In mühsamer Kleinarbeit Spenden sammeln, also Geld von denjenigen nehmen, die selber auch nicht viel haben - wir rechnen kaum damit, dass uns finanzkräftige Menschen unter die Arme greifen.
Uns selber verkaufen, dass heißt, das Produkt Amerlinghaus an den/die Meistbietende_n versteigern und unsere Arbeitszeit damit verbringen, Gelder zu lukrieren anstelle qualitativer, inhaltlicher Arbeit?

Wir sollen mehr Eigenmittel erwirtschaften. Der Trend: eine Einrichtung kann
nicht immer der/dem Steuerzahler_in auf der Tasche liegen. Die Zeiten sind vorbei, in denen Kultur- und Sozialträger unwirtschaftlich denken konnten, jetzt muss sich die Einrichtung eben selber was einfallen lassen, um sich zu finanzieren. Also wie haben wir uns das vorzustellen - dass es nur mehr soziale und kulturelle Einrichtungen gibt, die a.) wirtschaftlich cleverer und geschickter sind als die anderen und/oder b.) von einem Unternehmen abhängig sind?

Fällt uns jetzt unsere Abhängigkeit von staatlichen bzw. Gemeindeinstitutionen auf den Kopf?

Es kann nicht sein, dass das Amerlinghaus als offenes, generationen-, subkulturen- und politics-übergreifendes Haus tot gespart wird.
Wenn es zu keiner Entschuldung und keiner Evaluierung der Subvention durch die Stadt kommt, dann muss das Amerlinghaus im Herbst 2010 seinen Betrieb einstellen. Zumindest das, was das Haus bisher ausmachte, ist dann nicht mehr möglich. Irgendwas kann die Gemeinde schon mit dem Haus machen, aber dann hat sie einen der letzten Orte selbstbestimmten und geförderten Handelns in dieser Stadt preisgegeben.
Das wollen wir aber nicht!

KRISE BRAUCHT KULTUR!

Es kann nicht sein, dass für Einrichtungen, die nicht der neoliberalen Verwertungslogik entsprechen, immer weniger Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Wir sind kein Einzelfall, und wir meinen, dass es im öffentlichen Interesse liegt, vielfältige kritische Denk-, Handlungs-, Lebens- und soziale Räume zu erhalten.

Wir möchten - rechtzeitig zum Wiener Wahlkampf und darüber hinaus - daran arbeiten, eine politische Diskussion um Kultur- und Sozialpolitik, Perspektiven für nicht-mainstreamige und kritische, gesellschaftsemanzipatorische Initiativen und Gruppen voranzutreiben und darüber hinaus Interventionen und vielfältige Aktionen im Haus und im öffentlichen Raum setzen.
Das können und wollen wir nicht allein tun. Vernetzung, Solidarität und Koordination sind Voraussetzungen für politische Bewegung.

Für Zusendungen - Infos anderer Einrichtungen und Gruppen in ähnlichen und schlimmeren Situationen - Ideen – Solidaritäts- und Interessensbekundungen einfach ein mail schreiben mit Betreff: KRISE BRAUCHT KULTUR an: amerlinghaus@inode.at
Infos gibt es auf unserer Homepage: http://www.amerlinghaus.at

Es gibt auch eine Facebookseite unter Solidarität mit dem Amerlinghaus! | Facebook
Trotz Krise gehen wir bis 16. August in Sommerpause.  
Wir werden dann bei der konkreten Planung von Aktionen ansetzen und weiter informieren.

Tun wir uns zusammen, handeln wir solidarisch, lasst uns unbequem sein!
Für mehr und nicht weniger politische, soziale, kommunikative Zentren!
Für mehr emanzipatorische politische Kultur!

AMERLINGHAUS BLEIBT! 

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