Zwischenbilanz zum ersten Votingdurchgang des Backbone Moduls und des bevorstehenden Community Games von 24. - 28. April 2006
Die IG KULTUR WIEN sieht sich in einer Zwischenbilanz zur Netzkulturenförderung gezwungen, zum wiederholten Mal zu betonen, dass die Erprobung von Vergabeverfahren zugleich mit der tatsächlichen Vergabe von Fördergeldern inakzeptabel ist.
Wenn alle AkteurInnen am Medien- und Netzsektor sich in einer (einzigen) Communityform zusammenfinden (müssen), um Projekte finanzieren zu können, dann bedeutet das, dass seitens der politisch Verantwortlichen wieder ein gleichmachender Flaschenhals befördert wurde, der die demokratiepolitische Arbeit der netznetz.net Community durch Formen von Vereinheitlichung jenseits von Alternativen schmälert, indem diese allen aufgezwungen werden soll. Offensichtlich konnte aus den Fehlern der Theaterreform, die an der gleichen Vorgangsweise krankte, nichts gelernt werden, zumal einige Signale der Stadtregierung befürchten lassen, dass der baustellenartige Status des Fördermodells beibehalten werden soll.
Wie interessant und wichtig der Entwicklungsprozess eines Communityauswahlverfahrens auch sein mag, so muss klar festgestellt werden, dass damit noch lange keine Lösung für den für die Stadt Wien kultur- und demokratiepolitisch eminent wichtigen - Gesamtsektor Medien, Netz und Kommunikation gefunden ist.
Die IG KULTUR WIEN erwartet, dass ein ernsthafter Entwicklungsplan auch über die Vergabemodelle für den Sektor Medien, Netz und Kommunikationskultur in Zusammenarbeit mit den vorhandenen Szenen erarbeitet wird und das jahrelange Versäumnis Wien an internationale Medienstandards heranzuführen endlich gemeinsam in Angriff zu nehmen.
Aus Sicht der IG KULTUR WIEN muss das Community Game als experimentelles Sammelprojekt gesehen werden, innerhalb dessen ein starker Vernetzungsprozess gefördert werden kann. Jedoch kann nur durch eine bestehende alternative Finanzierungsmöglichkeit einerseits die Entwicklung neuer Projektansätze und anderer Vernetzungsstrukturen - gerade in dem sich rasant entwickelnden Sektor der Medien- und Netzkultur - für die Zukunft garantiert werden und anderseits sicher gestellt werden, dass sich ausschließlich AkteurInnen und Gruppen am Community Game und Netznetz.net-Verfahren beteiligen, die tatsächlich an diesen Prozessen interessiert sind.
Die IG KULTUR WIEN fordert daher:
1. Mehr Zeit für die Entwicklung partizipativer Fördermodelle
Das z. Z. erprobte Fördermodell befindet sich noch in einem Versuchsstadium und sollte von daher als Experiment gesehen und dementsprechend behandelt werden!
Die Politik kann sich hierbei nicht aus der Verantwortung nehmen und die Szene durch Konkurrenzgedanken auseinanderdividieren und damit den Kampf ums Geld schüren.
Der Ansatz einer prozessualen Entwicklung darf nicht durch Vereinnahmung seitens der Politik gebremst und verunmöglicht werden. Zeitdruck geht auf Kosten von Diskussionen und Entwicklungspotenzial.
2. Alternativen zum bestehenden Verfahren und Budgetgerechtigkeit
Da ein Communityprozess, wie auch in diesem Fall, immer zu Ausschlüssen führt, muss der Zugang zu anderen, offenen Fördertöpfen mit anderen Vergabemodalitäten für all jene garantiert werden, die an diesem Auswahlprinzip weniger interessiert sind oder deren Einreichung nicht in dieses Konzept passt.
Spielzwang, um Projekte finanzieren zu können, kann wie die IG KULTUR WIEN bereits zu Beginn des Prozesses formulierte - kein für die gesamte Netz- und Medienkulturszene der Stadt akzeptables Verfahren sein.
Dabei stehen 450.000,- Euro durch die Community vergeben, einem Budget von 50.000,- Euro für Kleinstprojektförderungen der MA 7 als einzige Alternative für jene, die nicht "mitspielen" gegenüber. Dieses budgetäre Ungleichgewicht muss zu Gunsten eines "freien Budgets", das über andere Entscheidungsmodelle verteilt werden muss, hergestellt werden. Ein Projekt, egal welcher Größenordnung, kann nicht 90% des gesamten Budgethaushaltes des Mediensektors für sich beanspruchen.
Die IG KULTUR WIEN empfiehlt das vorgesehene Budget für das Community Game zu halbieren: 50% davon sollten durch die Wahlberechtigten des Games und 50% über alternative Vergabeverfahren (mittels KuratorInnen, Jury, BeirätInnen) verteilt werden.
3. Weitere Aufstockung des Medienbudgets 2007
Eine nachhaltige Förderung von Medien- und Netzkultur erfordert die dringende Aufstockung des Gesamtbudgets um zusätzliche 400.000,- Euro in folgenden Bereichen:
- Strukturförderung durch Erhöhung des Modul: Backbone Projects
- Förderung von Startprojekten durch Erhöhung des Modul: Microgrants
- Bereitstellung eines zusätzlichen "freien Budgets" für den Sektor Medien, Netz und Kommunikation